Fabia in Südindien

Hallo zusammen

Ich hoffe, es geht euch allen gut! Es ist unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht. Nun haben wir schon Anfang Jahr. Es windet hier momentan viel und ist oft bedeckt und sehr staubig. Unter anderem aufgrund des Wetterwechsels sind momentan viele erkältet oder krank (haben zum Beispiel Fieber). Ich hoffe, dass die Grippewelle in der Schweiz dieses Jahr ihre Runden nicht mit zu starkem Ausmass macht?

Heute möchte ich mich einem ganz bestimmten Thema widmen, und zwar ist das das Thema Essen. Meiner Meinung nach ist Essen und Ernährung nicht einfach nur ein Grundbedürfnis, es ist viel mehr als das. Für mich bedeutet Essen und Mahlzeiten einnehmen auch geniessen, Gemeinschaft erleben, es ist ein Gefühl des Wohlbefindens und ich denke, es trägt auch sehr viel dazu bei, wie wir uns fühlen. Und da bin ich schon wieder beim Thema „bewusster-(erl-)leben“ angelangt. Wenn ich mich selber reflektiere, nehme ich die Mahlzeiten oft viel zu hastig zu mir, da ich vielleicht in Eile bin oder auch einfach so zu wenig achtsam esse. Aber wie oben schon angetönt, ist Essen auch eine Art von „sich selber etwas Gutes tun“, und diese Zeit sollte man sich bewusst nehmen.

Die indische Küche ist extrem vielfältig, und ich muss sagen, ich habe auch jetzt noch ab und zu Probleme, die Gerichte zu benennen. Es gibt sooo viele Varianten von Currys, Broten etc. Bei uns im Konvent kocht fast immer die „gute Seele des Hauses“, sie ist sozusagen eine Art Haushälterin, welche kocht und auch die öffentlichen Räume reinigt etc. Ich helfe aber ab und zu beim Gemüseschnippeln etc. Jeden zweiten Sonntag im Monat kochen die Schwestern selber. Ich muss sagen, es ist extrem spannend, die Entstehung eines Gerichtes mitzuversorgen und zu beobachten. Es werden so viele verschiedene Gewürze verwendet, um ein Gericht abzuschmecken. Ausserdem befinden sich in einem „einfachen Curry“ so viele verschiedene Gemüse und Zutaten, die man vielleicht gar nicht mehr erkennt, wenn man das fertige Curry vor sich stehen hat. Es werden oft auch noch viele kleine, aber wichtige Zutaten hinzugegeben, wie angebratene Erdnüsse, Curryblätter oder Korianderblätter, welche den Geschmack beeinflussen, und je nach dem Chilischoten. Die muss man aber natürlich nicht essen.

Bei uns im Konvent wechseln sich die Gerichte meist im Wochenrhythmus ab. Welche Aspekte mir aber aufgefallen sind, auch im Vergleich zur schweizerischen Küche, werde ich nachfolgend versuchen festzuhalten. Ich muss dazu noch sagen, dass viele dieser Dinge schon relativ normal für mich sind. Aber gerade Anfangs, als ich noch ganz klar das Bild der schweizerischen Küche im Kopf hatte, sind mir diese Unterschiede mehr aufgefallen.

Angefangen beim Frühstück: Wir in der Schweiz sind uns gewohnt, zum Zmorge meist Müesli oder Brot mit Konfi zu essen und dazu vielleicht einen Kaffee, eine warme Ovi oder einen Tee zu trinken. Morgens essen wir hier aber zum Beispiel bereits eine Art „Reiseintopf“, Bulihara genannt, (ist mit einer Art Chutney gewürzt und mit Erdnüssen abgeschmeckt), oder aber eine von vielen anderen Frühstücksvarianten. Anfangs war es für mich ungewohnt, bereits zum Frühstück Reis oder eine Art Pfannkuchen mit Curry zu essen. Nun freue ich mich aber immer auf die Mahlzeiten, denn ich mag die indische Küche sehr.

Was mir vor allem Anfangs aufgefallen ist, war, dass das meiste in Öl angebraten oder ausgebacken wird und generell viel Öl verwendet wird. Ausserdem essen wir nicht einfach zum Beispiel Salzkartoffeln mit Fisch und Spinat, welcher vielleicht ein wenig gesalzen oder gepfeffert wird, wie wir es vielleicht in der Schweiz machen würden. Es gibt immer einen grossen Topf mit Reis, dann meist ein Curry und ein oder mehrere Gemüse oder Bohnen. Aber die sind dann meist auch stark gewürzt oder eingekocht.

Hier vielleicht zur Anmerkung: Ich kenne natürlich nur die Essgewohnheiten aus dem Konvent beziehungsweise hier aus der Umgebung. Sicher kochen die Familien teilweise auch wieder anders und nicht so vielfältig. Und wie mir die Schwestern erklärt haben, weichen die Zubereitungsarten beziehungsweise typischen Gerichte auch je nach Region in Indien voneinander ab. Hier in Andhra Pradesh wird, wie schon gesagt, meist zu jeder Mahlzeit Reis gegessen, und für viele hier geht auch fast nichts über Reis.

Ich glaube, ich gehe nicht genauer auf die einzelnen Gerichte ein, denn erstens würde dann dieses Mail seitenlang werden, und zweitens habe ich bisher auch nur einen kleinen Teil der Gerichte kennengelernt. Ich hoffe aber, dass ihr euch nun trotzdem ein etwas besseres Bild machen könnt.

Noch zum Thema Reiskonsum: Da, wie schon gesagt, Reis auf jedem Esstisch nicht fehlen darf, werden natürlich Unmengen an Reis benötigt. Anfangs ist mir das gar nicht so aufgefallen, aber nun, da ich mich mehr darauf achte, erkennt man, dass hier auf den meisten Feldern Reis angebaut wird. Rund um unser Collegeareal befinden sich auch Reisfelder, die zum Konvent gehören, und vor einigen Wochen war Reisernte.

Es war spannend, die einzelnen Schritte vom Reiskorn auf dem Feld bis hin zu den fertigen Reissäcken bereit zum Lagern zu sehen. Und wusstet ihr, dass der fertige Reis erst bevor er dann gegessen wird, „geschält“ wird? Also wenn man es lagern möchte (was man mehrere Jahre tun kann), dann muss man das Korn geschützt lassen, ansonsten ist es nicht lange haltbar, wie mir erklärt wurde.

Viele mögen vielleicht denken, dass es auf Dauer langweilig oder eintönig werden kann, so oft Reis zu essen. Das habe ich im Voraus auch gedacht. Aber nun kann ich sagen, dass ich Reis voll und ganz lieben gelernt habe. Und es gehört hier einfach dazu.

Was mir hier (auch ausserhalb vom Konvent) aufgefallen ist, ist der Teekonsum beziehungsweise Teegenuss. Es gibt „Take Away Stände“, welche Chai (Bezeichnung für Tee) verkaufen oder natürlich die gängigsten Snacks beziehungsweise Mahlzeiten. Auch in Geschäften wird Tee getrunken, und wenn man auf Besuch ist, wird einem meist Tee angeboten. Wir im Konvent trinken mehrmals täglich Tee, beispielsweise zum Zvieri. Man kann den indischen Chai auch als Milchtee bezeichnen. Es wird nämlich Milch aufgekocht, meist viel Zucker und feines Teepulver dazugegeben. Dann wird das Teepulver abgesiebt und der Chai genossen. Ich muss sagen, seit ich hier bin, trinke ich auch keinen Kaffee mehr (für viele von euch wahrscheinlich schwer vorstellbar), sondern nur noch Tee und ansonsten Wasser. Allgemein ist das Essen hier extrem lecker, aber auch nicht nur gesund (aufgrund vom Frittieren, Ölverwendung, viel Zucker etc.).

In der Schweiz gibt es im Supermarkt viele exotische Früchte zu kaufen, wie Papaya, Bananen, Mangos, Orangen, Mandarinen u.v.m. Wenn wir sie dann essen, haben sie schon tausende von Kilometern Reise hinter sich, was auch mit einem grossen Aufwand verbunden ist. Das schmeckt man natürlich. Hier wachsen Bananen oder Papaya in „unserem“ Garten oder werden regional angebaut. Ich kann es natürlich nicht beweisen, aber ich finde, dass deren Geschmack darum viel intensiver ist. Vielleicht kann man das mit folgendem Beispiel aus der Schweiz vergleichen: Kauft man jetzt im Winter Erdbeeren aus Spanien oder Italien, schmecken sie sicher nicht gleich gut, wie wenn man im Juni Erdbeeren vom Nachbarsbauern kauft. Ich denke, den Unterschied kennen wir alle. Das hat mir persönlich wieder mal bewusster gemacht, wie wichtig es ist, auf regionale Herkunft zu achten. Natürlich ist es nicht immer möglich, aber das Bewusstsein dafür ist schon viel wert. Nun gut, so viel dazu.

Vor kurzem war hier Kokosnussernte von unseren Kokosnussbäumen. Es kamen uns dabei Männer zu Hilfe, welche die Kokosnüsse von den Bäumen holten, und dies im wahrsten Sinne des Wortes. Sie kletterten mit einer Leichtigkeit (oder so sah es jedenfalls aus) die dünnen Stämme der Bäume hoch und trennten hoch oben dann die Kokosnüsse von den Ästen ab. Habt ihr schon mal frisches Kokosnusswasser getrunken? Es ist sehr prickelnd und auch sehr gesund. Ausserdem hat mich erstaunt, wie viel man aus der Kokosnuss „machen“ kann, ich habe diese Nuss ehrlichgesagt unterschätzt. In vielen unserer Gerichte oder Snacks wird Kokosnuss (meist in Raspeln) verwendet. Und frische Raspeln sind geschmacklich schon etwas Anderes als die getrockneten, die wir kennen.

Ausserdem kann man aus der Kokosnuss, wenn sie frisch geerntet ist, das Wasser und das Fruchtfleisch verwenden. Lässt man die Nuss trocknen, kann man nach einer Weile den inzwischen hart gewordenen inneren Teil der Nuss zum Beispiel für Raspeln verwenden oder, wenn man sie offen an der Sonne trocknet, daraus Kokosöl machen. Ihr seht, Kokosnüsse geben so viel her!

Jeden Samstagmorgen nach dem täglichen Kirchbesuch gehen wir auf den Markt, um Gemüse einzukaufen. Es ist immer sehr eindrücklich zu sehen, wie viele verschiedene Stände mit einem vielfältigen Gemüseangebot es gibt.  Oder auch der intensive Duft nach getrocknetem Fisch, wenn man an einem Fischstand vorbeigeht. Ich finde es daher immer sehr aufregend, bei den Wocheneinkäufen mitzuhelfen.

Ich denke, ich lasse dieses Mail nun enden. Ich habe heute wieder einmal sehr viele Dinge angesprochen, hoffe, es war spannend und verständlich für euch.

Beste Grüsse und bis bald

Fabia

Fabia lebt von Oktober 2019 bis April 2019 in einem Projekt der Schwestern vom Hl. Kreuz Menzingen in Thimmarajupalem, im Südosten Indiens.